Foto: Julia Köchling

allezufrieden ausgezeichnet! Kunstprojekt aus Gröpelingen erhält den Bremer Jugendpreis 2020

Zu den Preisträger*innen des Bremer Jugendpreises „Dem Hass keine Chance“ zählt in diesem Jahr auch eine Gruppe aus Gröpelingen. Unter dem Motto #allezufrieden gewann das Projekt „Kunst, los!“ von Kultur Vor Ort e.V. den mit 2.500 Euro dotieren Bremer Jugendpreis des Senats der Freien Hansestadt Bremen. Die Preisverleihung fand am Mittwoch, den 24. Juni 2020 im Innenhof des Atelierhauses Roter Hahn in Gröpelingen statt. Dort gab es denn auch nur zufriedene Gesichter.

Unter freiem Himmel und mit Abstand ließen es sich die 24 prämierten Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 7 der Oberschule Ohlenhof nicht nehmen, „ihre“ Urkunde von Bürgermeister Andreas Bovenschulte in Empfang zu nehmen und dabei ihre Kunstwerke zu präsentieren.

Bovenschulte lobte bei seinem Besuch in Gröpelingen die hervorragende Arbeit von Kultur Vor Ort und die Originalität der versammelten Beiträge zum Thema #allezufrieden: „Frieden ist mehr als kein Krieg. Wichtig ist auch Zufriedenheit mit dem eigenen Leben.“

Thomas Köcher von der Landeszentrale für politische Bildung erläuterte die Anforderungen des diesjährigen Wettbewerbs. Das Thema „#allezufrieden“ sollte die Richtung vorgeben, 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs über die Bedeutung von Frieden und „Nie wieder Krieg“ nachzudenken.

Die 24 Schülerinnen und Schülern, die sich von November 2019 bis Februar 2020 wöchentlich im Kinder- und Jugendatelier mit dem Thema auseinandersetzten, entwickelten rasch eigene Interpretationen. Dabei unterstützt wurden sie von Projektleiterin Dominika Pioskowik, den bildenden Künstler*innen Markus Keuler und Marina Steinacker sowie den Mitarbeiterinnen Leonie Rangnick und Julia Köchling. Das Projekt Kunst, los! ist wird gefördert von der start JUGEND KUNST STIFTUNG BREMEN.

Auf dem Foto seht ihr Lian, 13 Jahre, die gerade von Dominika Pioskowik interviewt wird. Thomas Köcher von der Landeszentrale für politische Bildung und Bürgermeister Andreas Bovenschulte hören aufmerksam zu. Lians Kunstwerk heißt „Familienfest“. Auf die Frage, was für sie Frieden bedeute und wann sie zufrieden sei antwortet Lian: „Der Frieden ist für mich was sehr Großes. Frieden ist, wenn es keinen Krieg gibt und wenn meine Familie zufrieden ist. Mein Frieden endet, wenn das Gegenteil passiert.“

Ausgehend von einem Besuch der Ausstellung “Light and gravity“ von Andrea Bowers in der Weserburg – Museum für moderne Kunst ließen sich die Jugendlichen vom künstlerischen Umgang mit dem Material Pappe inspirieren. Aufgeteilt in zwei Projektgruppen wurden zunächst Assoziationen zu #allezufrieden gesammelt und anschließend bildnerisch umgesetzt.

Aus Pappe, Karton und Farbe entstanden 24 Pappreliefs im Format 80 x 100 cm. Die Pappelemente mussten gezeichnet, ausgesägt, fixiert und anschließend mit Farbe bemalt werden, was die Dreidimensionalität der Werke betont. Die Leuchtkraft der Farben lässt dabei einzelne Bereiche in den Vordergrund treten und an Plastizität gewinnen.

Die Arbeiten der jungen Künstler*innen regen dazu an, eigene Wünsche zu hinterfragen und somit individuelle wie auch gesellschaftliche Vorstellungen von Frieden beziehungsweise Zufriedenheit zu reflektieren. Dies verleiht den Bildern einen fast zeitlosen Charakter, der sich durch die Ästhetik des Materials (Pappe, Acrylfarbe) und die Klebetechnik noch verstärkt.

Die Themen der Arbeiten stammen einerseits konkret aus dem Alltag der Jugendlichen „Netflix and Chill“, „Zocken“, „Jumptrampolin“, „Pretty Little Liars gucken“, zeugen andererseits von generations- und kulturübergreifenden Idealen wie Feiern, Essen, Sport, Musik, Familie.
Es spiegelt sich auch die persönliche Situation von Kindern und Jugendlichen in Gröpelingen wider: „Für mich bedeutet Frieden, keinen Krieg zu führen, glücklich zu sein und Spaß zu haben,“ beschreibt Sheruan seine Vision. Andere wie Kaylin träumen davon, shoppen zu gehen und sich ganz viele Sachen zu kaufen – „Shopping alone“. Freunde, Verwandte und Familie besitzen einen hohen Stellenwert. Kaylin: „Mein Frieden hört auf, wenn ich Ärger von meinen Eltern kriege.“

Auf dem Foto seht ihr von links nach rechts Lian, den Lehrer Nico Finken, das Kamerateam der Landeszentrale für politische Bildung, Mahmud, Dennis und Sheruan mit seinem Kunstwerk „Wenn ich mit Freunden spiele“. Sheruan wird gerade vom Filmteam befragt und erklärt: „Mich macht das zufrieden, wenn es keinen Krieg auf der Welt gibt und wenn ich mit Freunden Videospiele spiele.“

Gleichbehandlung, Hilfsbereitschaft und Aufmerksamkeit sind übergeordnete Merkmale, die die Wettbewerbsteilnehmer*innen mit dem Thema verbinden. Dabei haben einige der Schüler*innen womöglich Kriegserfahrungen gemacht oder leben noch nicht lange in Bremen. Durch ästhetische Handlungen möchte Kultur Vor Ort allen Kindern und Jugendlichen Ausdrucksmöglichkeiten bieten und damit ihre Teilhabe am Leben im Stadtteil fördern.

Die 24 Einzelarbeiten wurden bereits im Quartiersbildungszentrum Morgenland ausgestellt und sind demnächst in der Oberschule Ohlenhof zu sehen.

Der Bremer Jugendpreis wird seit 1989 jährlich für den Wettbewerb »Dem Hass keine Chance« verliehen. Das Projekt leitet Tobias Peters von der Landeszentrale für politische Bildung Bremen. 16 Schulklassen, Projektgruppen und Einzelarbeiten wurden 2020 für ihre Beiträge ausgezeichnet. Die feierliche Preisverleihung findet üblicherweise vor großem Publikum in der Oberen Rathaushalle statt, diese Veranstaltung fiel Corona-bedingt aus. Deswegen hat Bürgermeister Bovenschulte noch eine Überraschung für die Gröpelinger Jugendlichen parat: „Ich lade euch alle zu mir ins Rathaus ein, dann könnt ihr sehen, wo ich arbeite.“ Und auch damit waren allezufrieden.

Hier findet ihr das Video der Landeszentrale zur politischen Bildung über die Preisverleihung:

Dem Hass keine Chance-Der Bremer Jugendpreis 2020 from LzpB Bremen on Vimeo.

Kultur Vor Ort, Tel: 0421-9899700